Die weltfremden Traumtänzer


Ausschnitt aus "Live is Life" von Elke Fleing, ISBN 3-87252-253-1, GERIG Musikverlag

Es war einmal ... eine Band, die machte einfach nur tolle Musik. Zweimal in der Woche probten "Die weltfremden Traumtänzer" - so hieß die Band - in ihrem Übungskeller, einem kleinen, muffigen Raum eines ausrangierten Bunkers. Eines Tages kam zufällig ein Veranstalter an dem Bunker vorbei, gerade, als die Tür für einen Augenblick weit offen stand. Er hörte die tolle Musik und war sofort begeistert. Er bot der Band viel Geld an, damit sie ein Konzert in seiner Halle gäbe. Leider fanden nur 2.000 Zuschauer Platz in der Halle, so daß viele Fans, die die tolle Musik auch unbedingt hören wollten, wieder nach Hause geschickt werden mußten. Die "Traumtänzer" spielten ihre Musik nun auf der Bühne in der Halle, genauso, wie sie sie sonst immer im Übungsraum gespielt hatten, und alle fanden das Konzert supergut. Natürlich waren auch viele Journalisten und zwei Fernsehteams da, (denn die Medien wissen ja, daß es ihre Aufgabe ist, immer am Puls der Zeit zu sein und über interessante neue Bands zu schreiben, auch wenn die noch nicht so bekannt sind). Und so druckten viele kleine und große Zeitungen und Zeitschriften Konzertkritiken, in denen zu lesen war, wie toll das Konzert der Band war, die beiden Fernsehsender zeigten Ausschnitte, einige Musikzeitschriften druckten auch gleich Interviews mit der Band, und alle Radiosender spielten das Demo-Tape der Band den ganzen Tag lang.

Weil so viele Fans ganz traurig und wütend waren, daß sie das Konzert nicht hatten sehen können, und weil nun immer mehr Leute die Band sehen wollten, über die so viel geschrieben und gesendet wurde, mietete der Veranstalter ein Fußballstadion und bot der Band noch viel mehr Geld als beim ersten Mal an, damit sie noch ein Konzert gibt. Inzwischen hatte es sich natürlich auch bei den großen Plattenfirmen irgendwie herumgesprochen, daß es da eine Band gibt, die ganz tolle Musik macht. Also machten sich die Talent-Scouts all der großen Plattenfirmen, bewaffnet mit Verträgen und Koffern voller Geld, aus dem ganzen Land auf, um die "Traumtänzer" zu sehen. Nach dem Konzert hatten einige Einkäufer der Tonträgerfirmen etwas Mühe, noch in die Garderobe der Band rein zukommen, weil schon so viele Journalisten, Veranstalter und Kollegen von anderen Plattenfirmen dort waren, um mit der Band zu feiern. Es wurde eine richtig nette Party, der Veranstalter hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um auf seine Rechnung alle mit erlesenen Speisen und reichlich Getränken zu versorgen.

Gegen vier Uhr morgens unterschrieben die Bandmitglieder dann einen Plattenvertrag bei dem netten Plattenfirmen-Mann, der ihnen versprochen hatte, sie dürften so lange mit seinem roten Ferrari fahren, bis sich jeder einen eigenen leisten kann (was aber nicht lange dauern würde), und der so tolle Witze erzählen konnte. Von dem großzügig bemessenen Vorschuß der Plattenfirma fuhren die Bandmitglieder dann erst mal ausgiebig in den Urlaub, während ein großer Tourneeveranstalter schon mal die Welt-Tournee der Band vorbereitete.

Als sich alle richtig erholt hatten, spielte die Band in einem netten Studio in Los Angeles innerhalb von nur zwölf Monaten ihre erste CD ein, die dann irgendwie auch ziemlich schnell in die Top 10 der Charts aufstieg. Als die Tournee dann losgehen sollte, stiegen die Musiker aus ihren Ferraris einfach in die Chartermaschine der Plattenfirma um und jetteten von nun an von Erfolg zu Erfolg, ... und wenn sie nicht gestorben sind, dann jetten sie noch heute.


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